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Energiewende auf Dänisch – Wo Fakten bereits Fakten sind

Über den Deutschland Teil des ELEEP-Study Trips habe ich ja bereits berichtet und es ist klar: „Energiewende is the new Zeitgeist“. Mitte der Woche ging es aber weiter nach Kopenhagen um ein Land zu erleben, dass noch viel weitgehendere Entscheidungen in Richtung Zero-Emission-Country getroffen hat, als wir uns vorstellen können. Erstaunlich wie wenig man von diesem Land hört. Man hat wohl Angst, noch mehr Länder könnten auf solche Ideen kommen wie die alles andere als „dämlichen Dänen“. Ich werde deshalb hier nur die wichtigsten Erkenntnisse aufbereiten und bei manchen Themen einen eigenen Betrag dazu verfassen.

100% erneuerbar bis 2050 und das mit Regierungsbeschluss und hunderten konkreten Maßnahmen

Während unsereins hier in Österreich sich mit „wischi-waschi-wir-sind-eh-supa-Energiezielen“ – die diesen Namen eigentlich nicht verdient haben, abspeisen lassen muss, ist in Dänemark ein unglaublicher Wurf an verpflichtender Energiepolitik gelungen. Das Think-Progress Magazin titelt treffend:

A True ‘All Of The Above’ Energy Policy: Denmark Affirms Commitment To 100% Renewable Energy By 2050

Da hier alle einzelnen Punkte super aufgelistet sind, werde das nicht wiederholen und mich auf den Unterschied zu anderen Ländern konzentrieren. Das Parlament hat eine Fülle an Maßnahmen und alle dazugehörigen Gelder für einen 100% Umstieg auf Erneuerbare beschlossen! Es ist keine leere Worthülse und sie gehen damit weiter als es die EU je verlangen würde und das in sowohl bei Elektrizität, Wärme und Verkehr. Die einzelnen Energieformen sind außerdem so aufeinander abgestimmt, dass aus jeder Form, der größtmögliche Benefit herausgeholt werden kann. Österreich hat zwar viele Energiestrategien und auch eine Energieautarkiestudie, aber von einer Implementierung sind wir durch Partikularinteressen noch meilenweit entfernt. Dänemark hat es geschafft, alle Interessen unter einen Hut zu bringen.

Wir hatten auch ein Treffen mit dem dem Chef der dortigen Industriellenvereinung. In Dänemark ist gelungen, was in anderen Ländern noch undenkbar wäre. Die Industrie unterstützt die Energiewende und lässt sich auf verpflichtende Reduktionsziele ein. Natürlich hilft es, wenn durch Weltmarktführer wie Vestas und Grundfos die Kräfte innerhalb der Kammern etwas anders verteilt sind. Jedenfalls ist es schön zu sehen, dass eine Eingung vieler Interessen möglich ist. Überhaupt stimmt es mich zuversichtlich, dass Dänemark sogar noch weiter geht als Deutschland und vorzeigt, dass es möglich ist.

180% Reichensteuer auf Autos

Das war die aufsehenerregendste Erkenntnis des Trips. Man stelle sich eine Gruppe liberal denkender US-Amerikaner vor, denen erzählt wird, dass es möglich ist, dass ein Land 180-200% Steuern auf Autos einhebt, glückliche Einwohner und nichtmal eine Grüne Partei hat. Alles außerdem ohne kommunistische Regierung und mit dem Einverständnis der Bürger und einer langen Geschichte sozialdemokratischer Regierungen. Ich bin ja echt kein Freund der Sozialdemokratie so wie sie in Österreich gelebt wird (im Übrigen gar keiner derzeitig gelebten Politik), aber das Vertrauen der Dänen, dass der Staat tastächlich Sinnvolles mit dem ganzen Geld macht und den Bürgern und nur den Bürgern zu dienen hat, ist unerschütterlich. Ich habe auch versucht den historischen Hintergrund dieser Steuer herauszufinden. Bei drei Leuten bekam ich drei unterschiedliche Antworten. Einer sagte, es wäre eine historische Luxussteuer gewesen, der andere einfach eine Geldbeschaffungsmaschine, die möglich ist, weil es keine inländischen Autobauer gibt und der dritte, ein Junger, dachte das wäre wegen der externen Kosten. 

In Dänemark sind die Fakten bereits Fakten

Ja, in Dänemark wissen sowohl die Menschen, als auch die Politiker über externe Kosten Bescheid und nehmen sie ernst, um dem weltweiten Marktversagen am Energiemarkt entgegenzuwirken. Überhaupt scheint es, als wären dort Fakten bereits Fakten. Luftverschmutzung kostet Geld und Gesundheit und es gibt ein Preisschild dafür. Punkt. Aus. Fertig. Außerdem wird nicht mehr über den Klimawandel diskutiert, sondern schon jetzt Überschwemmungsmauern für den steigenden Meeresspiegel gebaut. Auch die Abwasserkanäle wurden für die kommenden Klimaveränderungen neu berechnet. Dass ein Vorsprung bei Erneuerbaren Energien volkswirtschaftlich das Beste ist, was sich ein Land wünschen kann, ist ebenfalls im dänischen Hausverstand verankert. Dass das alles etwas kostet und langfristig aber billiger ist, ist auch vielen klar. 

Alles gut oder auch was faul im Staate Dänemark?

Um der Lobeshymne auch noch etwas entgegenzusetzen sei hier noch erwähnt, dass in Dänemark auch Kohle abgebaut wird, die natürlich weiterhin an jene Staaten verkauft werden wird, die nicht so strenge Richtlinien haben, auch wenn Dänemarks Energiemix schon lange CO2 frei ist. Da Dänemark trotz allem ein freier Staat ist und man den Firmen nicht vorschreiben kann was sie verkaufen und was nicht, fürchte ich, dass dies so lange andauern wird, bis eben globale CO2 Richtlinien die externen Kosten von Kohle berücksichtigen und diese wirtschaftlich unattraktiv wird.

Über die Elektromobilitätspläne bei Better Place und die Insel Samsø werde ich im ÖkoEnergie-Blog berichten.

3 Antworten auf „Energiewende auf Dänisch – Wo Fakten bereits Fakten sind“

Von den Dänen kann man noch was lernen. Allerdings bin ich ziemlich sicher, dass wir hier (zumindest in Deutschland) eher einen Regierungsumsturz, als eine 200% Steuer auf Autos sehen werden 😉 Ich hoffe aber, dass wir von unseren nordischen Nachbarn zukünfitg weiter gute Impulse bekommen, was Energiepolitik angeht…

LOL, ja ich stell mir das auch in Österreich ziemlich krass vor. Soziologisch ist interessant, dass es dort möglich ist, weil es einfach immer schon so war auch die kurzfristig am Ruder sitzende liberale Regierung konnte das nicht ändern.

Ende der 90er durfte ich in Dänemark meine Diplomarbeit über Pflanzenkläranlagen schreiben und ich hatte schon damals den Eindruck, dass dieses Land – dessen Hauptstadt eine Radfahrmetropole ist – ökologisch weit fortgeschrittener ist als meine Heimat: Mit einem hohen Anteil an Windenergie an der Gesamtenergieerzeugung (logisch in einem vom Meer umgebenen Land) und lokalen Lebensmitteln, die um Vieles preiswerter waren als von weit her importierte (was bedeutete, dass ich mich in diesem Semester hauptsächlich von Kartoffeln, Schwammerl und Smørrebrød ernährte :-). Und klar, das Auto hatte dort nicht diesen Stellenwert, dafür haben viele Dänen ein Bötchen und ein „Sommerhus“. Dass es keine inländische Autoindustrie gibt, spielt dort sicher eine Rolle – beeindruckend vor allem für mich, wo die heimische Automarke sogar das Bundesland, in dem ich wohne, im Namen führt…!

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